5 Fragen an LISI MOLZBICHLER
1. Wie geht es Dir und wann wurdest Du das zuletzt gefragt?
Das werde ich ehrlich gesagt ziemlich oft gefragt. Wobei ich sagen muss, dass es wahrscheinlich weniger als ein Drittel der Personen, die mich das fragen, WIRKLICH interessiert. Die Frage „Wie geht es dir“ ist mehr so eine Floskel geworden und dient ganz oft dem Gesprächseinstieg. Deswegen bin ich über ein wirklich ehrliches und interessiertes „Wie geht es dir?“ immer ganz froh. Ich muss aber auch zugeben, dass ich nicht jedem/jeder, die mir diese Frage stellt, eine ganz offene und ausführliche Antwort darauf gebe – ich schau mir da mein Gegenüber genau an und entscheide dann, aber mir ist wichtig , diese Frage immer ehrlich zu beantworten – egal ob ausführlich oder nur kurz. Summa Summarum hat diese Frage sehr viele Gesichter – in die eine, wie auch in die andere Richtung.
Also, wie geht es mir? Sehr gut würde ich sagen. Ich bin aktuell wirklich zufrieden in ganz vielen Lebensbereichen. Sowohl Business, Familie, Liebe, die Kinder, als auch ich selbst kommen nicht zu kurz. Ein sehr wünschenswerter Zustand, den ich lange nicht hatte.
2. Was würde Dein jetziges Ich Dir sagen wollen, als Du (zum ersten Mal) Mutter wurdest?
Oh, da gibt es einiges, und allen voran: RELAX – du brauchst nicht jeden Tipp aus irgendwelchen Foren, du brauchst nicht die Komplettausstattung an Klamotten und Accessoires bis zum 1. Geburtstag noch vor der Geburt, du brauchst dir keine Sorgen machen über das „Was wäre wenn“…. Denn die Mutterschaft liegt uns in den Genen. Als Mama ist man vielleicht manchmal ratlos, aber man trifft am Ende immer die beste Entscheidung für das Kind. Denn keine Mama will ihrem Kind etwas Schlechtes.
RELAX auch in der Hinsicht was „man seinem Kind beibringen sollte“ – was das „Außen“/die Gesellschaft von uns erwartet – z.B.: die Kleidung meines Kindes ist bereits nach dem Frühstück schmutzig. Was denken denn da “die Leute”, wenn ich mein Kind so in den Kindergarten schicke? Oder das Kind spricht mit vollem Mund und kann mit 3 Jahren immer noch nicht mit Messer und Gabel essen. Ja was denken denn da „die Leute“, wenn sie das sehen? Mein Kopf sagt „totaler Schwachsinn“ und „Lass die Leute doch denken was sie wollen!“ aber meine Glaubenssätze und meine Erziehung stehen mir da oft im Weg. Deswegen kämpfe ich da manchmal immer noch mit mir und den vermeintlichen Erwartungen der Anderen. Es tut aber gut zu wissen, dass ich mit diesen Sorgen nicht alleine bin – wenn ich mir so die Stimmen aus dem Netzwerk anhöre, da geht es den Meisten ganz gleich.
Und da gibt es wirklich noch so einige Dinge, die mich vom ersten bis zum dritten Kind wachsen und als Mama reifen haben lassen.
3. Wie hat Dich Dein Mutter Sein als Frau verändert?
Durch meine Mutterrolle bin ich wesentlich selbstbewusster und vor allem konsequenter geworden. Aber auch emotionaler und verantwortungsbewusster.
Wenn man mit dem Tag der Geburt (eigentlich schon mit der Schwangerschaft) plötzlich nicht mehr nur für sich alleine verantwortlich ist, sondern so ein kleines ganz hilfloses Wesen vor sich hat für das man die Verantwortung übernehmen darf – dann ist das etwas ganz Großes – nicht nur für Mamas, auch für Papas. Ich habe erst da realisiert, wie sich mein Leben verändern wird, ich habe ganz neue, sehr intensive Erfahrungen gemacht. Auf diese Verantwortung für unsere drei Kinder bin ich stolz, sie erfüllt mich und macht mir gleichzeitig auch manchmal richtig Angst…. und wenn einen das alles nicht verändert – was dann?
4. Was beschäftigt Dich aus gesellschaftspolitischer Sicht besonders, seit du Mama bist?
Ich beschäftige mich beruflich ja sehr intensiv mit dem Thema Vereinbarkeit von Unternehmertum und Familie (balanceUP.at) und unterstütze mit meiner Geschäftspartnerin Ruth Gabler-Schachermayr gemeinsam UnternehmerInnen-Eltern. Mich ärgert sehr, dass die Bestreben der Mütter, selbstständige Unternehmerinnen zu werden, immer noch oft als „Beschäftigungstherapie“ abgetan werden. Wenn man sich aber umschaut, dann sind das alles höchst erfolgreiche Frauen, die wesentlich zur österreichischen Wertschöpfung beitragen.
In einer mitteleuropäischen Gesellschaft im Jahr 2021 sollten wir uns zudem keine Gedanken mehr über gender-equality machen müssen. Das fängt bei der gleichen Bezahlung für gleiche Arbeit an und schließt auch geteilte Karenz-Zeiten zu gleichen Bedingungen ein. Kein Mann sollte sich Gedanken machen müssen, wie er seinen Arbeitgeber um Karenz-Zeit bittet – es sollte auch für Männer ganz normal sein, diese in Anspruch zu nehmen. Und Mütter sollten auch keine Angst vor Altersarmut haben, weil sie durch ihre Karenzzeiten kaum ins System eingezahlt haben.
5. Was würdest Du andere Mütter gerne fragen und was würdest Du antworten?
Wie bist du das ständig-schlechte Gewissen losgeworden?
Meine Antwort ist: mein schlechtes Gewissen ist immer noch da, aber ich frage mich ständig, was ich meinen Kindern für die Zukunft mitgeben möchte, welche Werte das sind. Und da gehören unter anderem folgende dazu:
Sich selbst wichtig nehmen – und das mache ich, indem ich mir erlaube, meinem Beruf und damit meiner Leidenschaft nach zu gehen und mir auch „Auszeiten“ für Me-Time zu nehmen.
Für andere da sein – da gehört die „Solo-Zeit“ mit meinem Partner dazu aber genauso das Treffen oder Telefonat mit Freund*innen und der Familie – um ihnen zuzuhören, Sorgen zu besprechen und Erlebnisse zu teilen und gemeinsam zu lachen.
Träume verwirklichen – ich will vermitteln, dass sie ihre Träume ausleben können. Und einer meiner Träume ist, als Unternehmerin erfolgreich zu sein. Da gehört auch mal dazu, dass ein wichtiger Termin vorgeht und die Kids dann eine gewisse Zeit bei der Babysitterin sind.
Mit dem Bewusstsein, dass ich ihnen diese Werte vermitteln möchte, wird das schlechte Gewissen beruhigt. Aber da ist es immer noch. Und es wird wahrscheinlich auch nie ganz weggehen. Aber wie bei allem was das Mama-Sein betrifft denke ich, dass nicht alles perfekt sein kann und dass ich nicht alles zu 100% schaffen muss. Kleine Schritte in die richtige Richtung reichen manchmal schon aus. Das nimmt mir auf jeden Fall den Druck.